Wie steht die Kirche zur Trauung homosexueller Paare?

Tim

Hallo Frau Klee,

ich habe gelesen das die evangelische Kirche in manchen Gemeinden homosexuelle Paare segnet bzw. traut. Dass vor dem Gesetz geheiratet werden darf, finde ich persönlich in Ordnung, da es nichts mit Religion zutun hat. Auch die Gleichbehandlung innerhalb der Gesellschaft.

Wenn es wahr ist, dass solche Paare ähnlich wie bei einer Hochzeit innerhalb der Kirche - eine Institution die auf der Heiligen Schrift der Bibel basiert - gesegnet oder gar getraut werden dürfen, finde ich es doch etwas fraglich, da die Bibel es klar ablehnt - egal ob im Alten Bund oder im Neuen.

Ab hier gehe ich davon aus, dass es die Warheit ist: Warum sagen Sie mir, sollte ich (selbstverständlich habe ich auch meine Sünden und bin nicht besser oder urteile über diese Leute) weiter in einer Kirche bleiben, die es wenigstens versuchen sollte bibeltreu zu bleiben? Gott wandelt sich nicht, nur menschengemachte Religionen.

Es soll nicht heißen, dass wir ein Urteil über so etwas abgeben oder diese Menschen ausschließen sollen. Es soll heißen, ob diese Art Modernisierung, die gegen die Schrift spricht, auch wirklich umgesetzt werden sollte? Ich denke deshalb ernsthaft über einen Austritt nach, da es für mich keinen Sinn mehr ergibt. Die Kirche basiert doch lediglich auf der Existenzgrundlage der Bibel. Wieso also nicht versuchen dies auch umzusetzen?

Hallo Tim,

herzlichen Dank für Ihre Frage. Sie haben Recht, mittlerweile ist in vielen Landeskirchen die Trauung gleichgeschlechtlicher Paare möglich. Evangelisch.De berichtete darüber.

Der Weg dorthin war ein sehr vielschichtiger. Es wurde viel darüber diskutiert, bis diese Entscheidungen in demokratischen Prozessen gefallen sind. Theologische Fragestellungen - auch der Umgang mit der Bibel - wurden dabei mitbedacht. Ich bin sicher, die Entscheidungen wurden nicht leichtfertig getroffen, sondern im genauen Abwägen der eigenen biblischen Tradition.

In meinen Gesprächen mit Menschen, die die Trauung gleichgeschlechtlicher Paare aufgrund der Bibel ablehnen, fällt mir sehr oft auf, wie unterschiedlich da mit der Bibel umgegangen wird. Während manche biblische Gebote heutzutage selbstverständlich als überholt gesehen werden, wird bei sexualethischen Fragen an der Bibel festgehalten. Dabei müssten wir uns - wären wir wirklich bibeltreu - noch an sehr viel mehr Gebote halten. Wir dürften keine Kleidung aus zwei Stoffen tragen, wir dürften kein blutiges Steak essen, wir dürften nicht im Gottesdienst miteinander reden. Gebote und Gesetze sind eine sinnvolle Sache - sie regeln das Miteinander einer Gemeinschaft zu einer bestimmten Zeit. Das bedeutet aber auch, dass sich unser Verständnis von Ethik mit der Zeit verändern kann.

In der evangelische Kirchen wird in der Regel ein historisch-kritischer Umgang mit biblischen Texten gepflegt. Das heißt, wir versuchen biblische Texte in ihren jeweiligen Kontexten zu verstehen. Martin Luther war es wichtig, dass alle Zugang zu den biblischen Texten haben und sich selbst ein Urteil bilden können. Das widerspricht sich nicht damit, dass die Bibel Wort Gottes ist. Sie ist insofern Wort Gottes, als dass sie von Jesus Christus zeugt, der die Mitte unseres Glaubens ist. An ihm, also Jesus Christus, entscheidet sich unser Glaube.

Das klingt jetzt alles recht kompliziert und bedeutet vor allem, dass es keine einfache Antwort gibt (vgl. auch den Artikel von Jürgen Ebach). Daher gibt es in einigen Landeskirchen und Gemeinden auch eine andere Meinung zu dieser Frage. Wie Sie persönlich damit umgehen, bleibt Ihre Entscheidung.

Ich wünsche Ihnen alles Gute, bleiben Sie gesegnet.

Beste Grüße,

Johanna Klee

 

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