Sehr geehrte Frau Klee,
ich bin gerade erst auf Ihre Seite gestoßen und bin ganz begeistert, wie unkompliziert und direkt man sich hier mit Fragen an Sie wenden kann. Ein riesen Kompliment! Ich denke, so kann Kirche auch in der digitalen Zeit lebendig und attraktiv bleiben!
Ich bin kürzlich auf den Begriff des Kirchenrechtes gestoßen und frage mich, was dass ist. Ist das eine Art Jura für Pastoren, braucht die Kirche eigene Anwälte und Richter oder was genau muss ich mir darunter vorstellen und wofür wird das benötigt?
Viele Grüße
Liebe Madina!
Das ist eine sehr interessante und wichtige Frage. Denn hier geht es darum, wie sich die Kirchen intern organisieren.
Die evangelische und die katholische Kirche dürfen und müssen sich in Deutschland als eine eigene Körperschaft organisieren. Das ist ihnen im Artikel 140 des Grundgesetzes garantiert. Im Grunde bedeutet es, dass sie sich für alle internen Abläufe eigene Gesetze und Vorschriften geben können. Dazu gehört z.B: das Dienstrecht für Pfarrer:innen und Diakon:innen, aber auch die Arbeit in der Kirchengemeinde. Wer darf den Kirchenvorstand, das Leitungsgremium der Gemeinde, wählen und welche Rechte hat er. Wie wird die Verwaltung einer Landeskirche organisiert? Dazu gehört die Sorge um die Gebäude aber auch um die Verwendung der Kirchensteuer. Grundsätzlich kann man sagen, dass eine evangelische Landeskirche sehr ähnlich wie ein Bundesland aufgebaut ist. Weil die Kirchen aber als aller erste Aufgabe die verkündigung des Evangeliums haben, kann man nicht immer alle Gesetze und Vorschriften eines Bundeslandes eins zu eins übernehmen. An den Universitäten ist das Kirchenrecht daher meist Teil der Lehrstühle für Öffentlichesrecht und Verwaltungsrecht.
Richterinnen und Anwälte im allgemeinen Sinn gibt es innerhalb der Kirche nicht. Allerdings gibt es vergleichbar zu den Beamt:innen im Staatsdienst Disziplinarkammern, die bei Streitfällen im Dienstrecht angerufen werden können und Entscheidungen fällen.
Viele Grüße
Johanna & Sebastian Klee