Hallo,
ich bin evangelisch und habe als Ehrenamtliche bei der katholischen Telefonseelsorge in Köln meine Ausbildung abgeschlossen. Die neuen Ehrenamtlichen sollen nun im Rahmen eines katholischen Gottesdienstes gesegnet werden. Das ist mir ein wenig unheimlich, weil ich mich weder bekreuzigen möchte, noch vor einem katholischen Pastor niederknien möchte. Was passiert bei einer Segnung und wie kann ich an diesem Gottesdienst teilnehmen, ohne mich erklären oder verbiegen zu müssen? Ich bin die einzige evangelische Christin unter den neuen Ehrenamtlichen und stoße da eher auf Unverständnis nach dem Motto "ist doch egal, mach doch einfach das, was wir auch machen". Ich wäre sehr froh über die Aufklärung, was überhaupt bei einer Segnung passiert.
Anthin
Liebe Anthin,
zunächst mal mein großer Respekt, dass Sie beschlossen haben sich in der Telefonseelsorge zu engagieren. Das ist so eine wichtige Anlaufstelle für Menschen, die ein offenes Ohr brauchen. Wie gut, dass Menschen wie Sie hier Zeit investieren. Die Telefonseelsorge ist wie zahlreiche andere diakonische bzw. caritative Angebote ein Arbeitsfeld, in dem wir uns als katholische und evangelische Kirchen gemeinsam engagieren können und mit vereinten Kräften mehr bewegen als allein.
Ganz in diesem Sinne haben Sie selbstverständlich mit anderen katholischen Ehrenamtlichen gemeinsam die Ausbildung absolviert. Das ist gelebte Ökumene, woran Sie da beteiligt waren und sind, wie schön!
Nun sollen Sie und die anderen Ehrenamtlichen eingesegnet werden für Ihren Dienst. Dieser Beginn mit einem Gottesdienst soll Sie spüren lassen, dass Sie bei Ihrer neuen Aufgabe nicht allein sind, sondern auf Gottes Segen und auf die Gemeinschaft mit den anderen Menschen, die in der Telefonseelsorge tätig sind, vertrauen können.
Sie schreiben, die Vorstellung dieses Gottesdienstes in der katholischen Kirche sei etwas unheimlich für Sie. Beim Lesen habe ich den Eindruck gewonnen, Sie bewege die Sorge, dass Sie dort etwas tun könnten, was Ihrem evangelischen Glauben widerspräche.
Was Sie dort erleben werden, wird ihnen gar nicht so fremd sein. Der Segen steht ja genau wie bei unseren katholischen Geschwistern am Ende jedes evangelischen Gottesdienstes. Es ist der Zuspruch an jeden Einzelnen, dass Gott ihn oder sie in den Alltag hinein begleitet und stärken will. Dieser Segen kann auch Menschen ganz individuell zugesprochen werden. Falls Sie konfirmiert wurden, haben Sie eine solche Segenshandlung, die nur Ihnen galt, z. B. schonmal ganz bewusst erlebt. Auch Christinnen und Christen, die kein pastorales Amt haben, können einander segnen, z. B. wenn die beste Freundin auf eine Reise geht und man ihr wünscht, dass Sie sich unter Gottes Schutz auf den Weg macht und wohlbehalten wiederkommt.
In dem Gottesdienst, den Sie erleben werden, stelle ich es mir so vor, dass der Segen entweder Ihnen als gesamter Gruppe zugesprochen wird oder aber, dass jeder und jede Einzelne ein stärkendes Segenswort zugesprochen bekommt und ihnen dabei die Hand auf den Kopf gelegt wird, so dass sie in diesem Augenblick auch etwas spüren können, von der Bewahrung, die Ihnen zugesagt wird.
Wenn Menschen bei solch einer Segenshandlung knien, bedeutet das nicht, dass sie vor dem Pfarrer knien, sondern sie knien vor Gott. Aber selbst wenn die meisten Anderen knien sollten, es sich für Sie aber stimmiger anfühlt, den Segen im Stehen zu empfangen, dann sprechen Sie mit dem Pfarrer und äußern Sie Ihre Wünsche. Auch sich zu bekreuzigen ist nichts, was für evangelische Christinnen und Christen verboten wäre, auch wenn es bei Katholiken verbreiteter ist. Das Bekreuzigen ist ein leibliches Antworten auf den Segen, den man empfängt, eine körperliche Resonanz, die manchen dabei hilft zu spüren, was beim Segen geschieht. Vielleicht probieren Sie es mal aus. Aber auch hier gilt: wenn es sich für Sie nicht stimmig anfühlt, ist es nicht ihre Geste.
Segnungsgottesdienste sind gerade eine Form der Feier, die sich besonders durch ihre ökumenische Offenheit auszeichnen, weil sie eben auch einladend sind für Gläubige anderer Konfessionen und gerade das Verbindende in den Fokus rücken. Ich möchte Sie daher ermutigen mit Neugier und Vorfreude auf dieses Ereignis zu blicken. Wie schade wäre es, wenn Sie die ganze Zeit damit beschäftigt wären, ob Sie vielleicht etwas falsch machen könnten, statt ganz individuell und mit den anderen Ehrenamtlichen zu erleben und zu genießen, was in dem Moment geschieht.
Ich wünsche Ihnen, dass Sie diesen Tag erleben können als Bestärkung auf dem Weg in Ihrem Ehrenamt, das Sie sicher auch fordern wird. Sich sorgsam Anderen als Hörende zur Verfügung stellen, das geht nur mit einer gehörigen Portion Segen zum Anfang und mit Gottes Begleitung in Höhen und Tiefen.
Herzlich
Katharina