kürzlich las ich den Vers aus dem Römerbrief „Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren.“ Heißt das dann, dass wir jetzt keine Sünder mehr sind? Aber wir Menschen sündigen doch jeden Tag. Das wird ja auch immer wieder gesagt. Ständig tun wir Dinge, die wir nicht tun sollten, brechen sie Gebote usw. Wie ist der Vers dann zu verstehen?
Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie mir hier weiterhelfen könnten!
Viele Grüße, Sabine
Liebe Sabine,
tatsächlich ist es schwer nach allen Geboten, die wir in der Bibel lesen, zu leben. Selbst das einfache Gebot der Nächstenliebe fordert manchmal mehr von uns, als wir leisten können. Immer wieder vergreifen wir uns im Ton, verletzen Menschen. Unachtsam eilen viele von uns durch den Tag und übersehen die Bedürfnisse der anderen. Gegenseitige Verletzungen bringt man sich gerade in Zeiten der Pandemie schnell bei. Wir denken dann an die Sünde. Oft sehen wir nur den „Kleinkram“, den man mit einem Gespräch aus der Welt schaffen könnte. Gemeint ist mit Sünde vor allem die schlimme Sünde, die alles Menschliche zerbricht. Da ist eine Art Defekt im Leben, der alles kaputt machen kann. Im Römerbrief legt der Apostel Paulus dar, dass Gott die Sünde grundsätzlich überwunden hat. Das Leben und Sterben Jesu steht für seine unbedingte Treue und seine vergebungsbereite Liebe. Also ist Gott schon jetzt, trotz all unserer Übertretungen, auf unserer Seite. Vor Gott sind wir keine Sünderinnen und Sünder mehr. Sehen Sie Ihr Leben also aus der Sicht Gottes, ist die Sünde, die Sie im Blick haben, schon überwunden.
Martin Luther hat die berühmte Formel geprägt, wir seien „Gerechte und Sünder zugleich“. Das bedeutet, in dem Moment, in dem wir uns selbst aus der Perspektive Gottes betrachten, sind wir ganz ohne Sünde. Wenn wir das Leben umgekehrt ganz aus unserer eigenen Sicht sehen, dann geht es uns allen, wie Ihnen, wir sehen wirklich nur noch Sünderinnen und Sünder und spüren einen Defekt. Das „kein Sünder mehr sein“ hat nichts mit unserem guten Willen zu tun, sondern ganz und gar mit Gott. Er hat sein Leben, Jesus Christus dafür eingesetzt, uns zu heilen. Diese Sündlosigkeit wird für uns nun der Start in ein Leben, das ohne Sünde sein will. Ohne Sünde leben zu wollen, das kann heißen, sich selbst zurück zu nehmen, es den anderen Menschen zuzuwenden, der Natur und den Geschöpfen, die mit uns das Leben teilen, ohne viel Eigennutz Gutes zu tun.
Viele Grüße, Ihr Henning Kiene
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