Wie weit gilt das Bilderverbot?

Gudrun
Leerer Bilderrahmen mit Palmwedel
©Angele Kamp/Unsplash

Liebe Frau Jecht,

Du sollst dir kein Gottesbild machen, keinerlei Abbild, weder dessen,
was oben im Himmel, noch dessen, was unten auf Erden, noch dessen, was in den
Wassern unter der Erde ist. Du sollst sie nicht anbeten und ihnen nicht
dienen. So steht es in der Bibel.

Aber Jesus selbst spricht ja sehr oft in seinen Gleichnissen eine bildliche
Sprache. Bei mir Zuhause hängt z.B. ein Bild von einem Künstler, der das
Gleichnis vom verlorenen Sohn bildlich dargestellt hat (die Situation wo der
Sohn heimkehrt und liebevoll vom Vater empfangen wird). Weil mich dieses
Gleichnis an Gottes Barmherzigkeit und Gnade erinnert.

Jetzt weiß ich aber von o.g. Bibelstelle und bin nicht sicher: Darf ich
dieses Bild überhaupt aufhängen? Und ich habe auch ein Malbuch zu Psalmen.
Das sind ja dann auch Bilder? Und in Kirchen hängen ja auch Bilder.

Diese Bilder werden aber ja nicht angebetet. Ist das vlt. dann der
Unterschied, warum es nicht verboten ist?

Freundliche Grüße, einen schönen Tag und danke für die Antwort.

Liebe Debora,

Menschen sind sinnliche Geschöpfe. Sie nehmen wahr mit Ohren, Händen und Augen. Es ist daher völlig nachvollziehbar, dass Sie und andere Menschen auch Bilder aufhängen. Darauf sind Menschen zu sehen, die geliebt sind, oder Ereignisse, die besonders wichtig sind.

Darum ist es auch nachvollziehbar, Bilder aufzuhängen, die von den biblischen Geschichten erzählen. Sie schreiben, dass Sie mit dem Bild vom „Verlorenen Sohn“ etwas besonderes verbinden. Es drückt für Sie die Gnade und Barmherzigkeit Gottes aus. Künstler:innen aller Jahrhunderte war genau dies wichtig: das, was die bildhaften Gleichnisse Jesu, die Überlieferungen aus der Bibel erzählen, zu malen und so Menschen zugänglich zu machen, die weder lesen, noch schreiben konnten. Solche Bilder sollten aber auch an die Geschichte von Gott und den Menschen erinnern. Martin Luther selbst schrieb, dass es in Ordnung ist, wenn Bilder an den Älteren in den Kirchen an die „Heilstaten Gottes“ erinnern.

Das Bilderverbot, das Sie zitiert haben, bezieht sich auf Götterbilder. Hier sind vor allem Götterstatuen gemeint, die aufgestellt und als Gottheit angebetet werden können. In früheren Zeiten war es üblich, die Gottheit auch durch Statuen, Stelen oder bildhafte Zeichnungen darzustellen. Das hatte den Nachteil, dass durch die Zerstörung dieser Statue, Stelen oder Bilder auch die Gottheit „zerstört“ werden konnte.

Das Bilderverbot der Bibel zielt nun auf zwei Dinge. Erstens, dass wir uns mit unseren Vorstellungen nicht auf ein „Bild“ oder besser greifbares „Erscheinungsbild“ GOTTes festlegen und ihn damit „beschränken“. Dies verhindert Enttäuschung und lässt auch Freiraum für die persönliche Beziehung zu GOTT. Für mich ist Gott damit EINE:R, die:der überrascht, mich zweifeln lässt und mir den Druck nimmt, bei „Überraschungen“ verunsichert zu werden. Zweitens konnte so verhindert werden, dass GOTT quasi durch Zerstörung eines Bildes, einer Statue oder Stele aus der Geschichte „gelöscht“ wird. Dies kam bei anderen Gottheiten durch aus vor. Damit verbunden wurde dann auch der Verlust des Wirkens dieser Gottheit.

Die Verstehensweisen, Namen oder Eigenschaften, welche die Bibel von GOTT malt, sind vielfältig, manchmal widersprüchlich oder verstörend. GOTT lässt sich nicht in einem einzigen Bild einfangen. Gleichzeitig kommen Menschen nicht ohne diese Verstehensweisen von ihm aus, wenn sie von ihm reden. Aber jedes Bild, zeigt nur einen Teil von GOTT, vom Wesen und Handeln.

Wenn Sie nun das Bild vom Verlorenen Sohn aufhängen, so verstoßen Sie gegen kein Gebot. Sie beten es ja nicht an. Das Bild erzählt eine Überlieferung. Die Überlieferung erzählt von GOTT und für Sie von GOTTes Barmherzigkeit und Gnade. Solche Bilder können helfen GOTT nahe zu sein und sich an GOTTES Versprechen zu erinnern. Darum: hängen Sie das Bild auf. Es erzählt von einer Überlieferung, die für Sie persönlich und Ihre GOTTesbeziehung wichtig ist. Dazu gehört auch das Malbuch zu den Psalmen.

Bleiben Sie behütet.

Es grüßt Sie herzlich,

Michaela Jecht

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