Sehr geehrte Damen und Herren! Meine Mutti ist im Mai 2010 an Krebs gestorben. Meine Mutti selbst hatte kein leichtes Leben,Krieg, Trümmer wegräumen,Hunger und so weiter. Meine Mutti waren 9 Kinder,meine Mutter war die Älteste. Sicher eine harte Zeit. Ich habe Respekt und Hochachtung davor. Die ganzen Jahre war ich immer für meine Mutti da, Einkaufen,Arzt gehen, Medikamente holen und Geld abheben auf der Bank für Sie und andere Hilfen. Seit 1998 leide ich unter Depressionen. Zum Zeitpunkt des Todes war ich nicht am Sterbebett von meiner Mutter. Nur meine mittlere Schwester war am Sterbebett von meiner Mutter. Ich hätte meiner Mutter die Hand streicheln sollen zum Schluss,und über ihre Wange. Nach der Scheidung meiner Eltern als ich noch Kind war,wurde meine Mutter auch strenger in der Erziehung teilweise. Aber letztendlich war sie immer für uns da. Hatte selber nicht viel,hat aber immer ihr letztes Hemd gegeben. Ich bereue zutiefst, daß ich nicht am Sterbebett von meiner Mutter war. Ich bin heute noch unsagbar traurig. Heute bin ich 60 Jahre alt geworden und blicke auf diese Zeit wehmütig zurück. Und immer wieder sage ich mir,du hättest zum Schluss dasein müssen. Viele sagen,du warst doch die ganzen Jahre für deine Mutter da wenn sie dich gebraucht hat. Und sie wird dir sicher verzeihen. Die Last liegt auf meiner Seele und Schuldgefühle. Aber ich kann ja die Zeit nicht zurück holen. Traurig bin ich, daß ich zu diesem Zeitpunkt so versagt habe. Vielen herzlichen Dank für ihre Aufmerksamkeit, und für ihr Verständnis! Mit sehr freundlichen Grüßen,Herr Pinkert.
Lieber Herr Pinkert,
der Tod der Mutter ist etwas anderes als der Tod der Großeltern. Sie waren für Ihre Mutter da, haben sie unterstützt und begleitet. Für Sie war es wichtig das zurückzugeben, was sie Ihnenen als Kind gegeben hat: Geborgenheit, Unterstützung, Da-Sein, Trost.
Es ist nachvollziehbar, dass Sie bis zum Schluss bei ihr bleiben und sie begleiten wollten. Umso schmerzlicher muss es für Sie gewesen sein, dass Ihre Mutter gestorben ist als Sie unterwegs waren. Das kann ein Gefühl der Schuld auslösen. Solche Gefühle kennen auch andere Menschen.
Sie schreiben, dass Ihre Schwester am Bett Ihrer Mutter war. Sie war auf ihrem letzten Weg nicht allein. So konnte auch Ihre Schwester ein Teil zurückgeben, was ihre Mutter gegeben hat.
Ich bin sicher, Ihre Mutter hat Ihr liebevolles Umsorgen, Ihre Mühe und die Liebe gespürt, die Sie ihr whrend ihrer Krankheit gegeben haben. Sie hat gespürt, dass eine ihrer Töchter da ist, damit Sie Zeit haben auch die anderen wichtigen Dinge zu organisieren, die auch zu Ihrem liebevollen Umsorgen gehören. Ich glaube, dass Ihre verstorbene Mutter Ihnen dankbar für Ihre Begleitung war.
Oft höre ich, dass geliebte Familienangehörige dann sterben, wenn ihre Kinder zu Besorgungen aufbrechen. Das Gehen eines Sterbenden fällt sowohl uns als als Angehörigen wie auch den Sterbenden schwer. Was bleiben kann sind die von Ihnen beschriebenen Schuldgefühle oder ein Gefühl, sich nicht verabschiedenen zu können.
Sie können Ihre Schuldgefühle im Gespräch mit Gott aussprechen. Manche sagen den Verstorbenen auch das, was sie ihnen zu Lebzeiten nicht (mehr) sagen konnten. Hier können auch Schuldgefühle ihren Platz haben.
In manchen Orten oder Kirchengemeinden gibt es Trauergruppen oder -cafés: Dort finden Sie Menschen, mit denen Sie Ihre Gedanken teilen können. Zögern Sie nicht auch eine:n Pfarrer:in anzusprechen. In der Seelsorge können Sie sich begleiten lassen. Manchmal ist auch Unterstützung durch Psychotherapie sinnvoll. Tun Sie das, was Sie für sich als wohltuend und unterstützend empfinden.
Bleiben Sie behütet.
Es grüßt Sie,
Pfarrerin Michaela Jecht
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