Epistellesung - Evangeliumlesung

Karl Junghans

Im Sonntagsgottesdienst wird bei uns die Epistel.- und Evangeliumlesung von Gemeindemitgliedern übernommen. Für mich drängt sich zum einen die Frage auf was diese Lesungen für eine Bedeutung haben. Dann ergibt sich vielleicht auch die Antwort auf die Zeite Frage dazu. Wie wird richtig Eingeleitet: "die Epistellesung für den heutigen Sonntag steht ....." ? Wird die Gemeinde dazu aufgefordert aufzustehen? Zwischen Epistel und Evangelium ist ein Lied bleibt die Gemeinde da auch stehen? Die größte Frage stellt sich für mich jedoch am Ende der Lesungen, beende ich beide Lesungen mit einem "Amen" oder ????? Bis jetzt konnte mir leider noch niemand eine klare Antwort geben. Danke ihnen für ihre Mühen und freu mich auf ihre Antwort.

Sehr geehrter Herr Junghans,

 

Ich freue mich über Ihre Frage, weil sie von hohem Interesse für das, was im evangelischen Gottesdienst geschieht, zeugt. Und ich antworte Ihnen gern.

 

Ganz grundsätzlich ist die Gestalt des evangelischen Gottesdienstes in den deutschen Landeskirchen durch Agenden geregelt. In Agenden sind die Abläufe der Gottesdienst am Sonntag, für Taufen, Trauungen und Bestattungen sowie andere Anlässe verbindlich notiert. Das eigentliche liturgische Recht liegt aber bei den Kirchengemeinden selbst. Das bedeutet konkret, dass das gemeindeleitende Gremium, wie etwa ein Kirchenvorstand oder ein Kirchgemeinderat, Änderungen gegenüber dem agendarischen Ablauf, die dauerhaft so eingeführt werden sollen, in Abstimmung mit den Gepflogenheiten vor Ort beschließen kann. Deshalb gibt es auch keine Antwort, die für jede Gemeinde gleichermaßen gilt, „wie es richtig ist". Da die einzelnen Landeskirchen in Deutschland unterschiedliche Agenden haben, kann ich Ihnen vor allem allgemein zur Bedeutung der Schriftlesung schreiben, für Ihre konkrete Situation vor Ort aber nicht abschließend antworten.

 

Zur Bedeutung der Lesung zitiere ich Ihnen ausschnittsweise aus einem Begleitbuch zur Agende des Sonntagsgottesdienstes („Gottesdienst feiern“, hg. Christian Zippert [2005] S. 70ff.):

 

„Nach den Ergebnissen der Gottesdienstumfrage von 1991 ist in den allermeisten Gemeinden neben der Lesung des Predigttextes nur eine weitere Schriftlesung üblich. Die „klassische“ Tradition der doppelten Lesung (in der Reihenfolge Epistel und Evangelium) bleibt jedoch bei besonderen Gelegenheiten möglich … Eine der als Schriftlesung oder Predigttext vorgetragenen Perikopen sollte jeweils aus den Evangelien stammen. Unter dem Begriff „Epistel“ sind neben den Briefen auch die Apostelgeschichte und die Offenbarung des Johannes zusammengefasst. Auf die Möglichkeit, anstelle der Epistel einen alttestamentlichen Text zu lesen, sei hier ausdrücklich verwiesen … Ein weiterer Abbau der Schriftlesungen, dahingehend dass über den Text der Lesung regelmäßig gepredigt wird, wäre ein Verlust. An einer Stelle im Gottesdienst sollte das Wort der Bibel frei und ohne Auslegung zu hören sein … Zur Ankündigung eignen sich verschiedene Einleitung: Lesung aus dem Buch…/ dem Brief…/ dem Evangelium nach..; Hört, was geschrieben steht im Buch …/ dem Brief…/ dem Evangelium nach…; Wir hören die alttestamentliche Lesung/ die Epistel/ das Evangelium zum Sonntag xy aus… Die Nennung des Kapitels kann eine Hilfe sein für Gemeindeglieder, die den Text „einordnen“ oder zuhause noch mal nachlesen wollen. Eine Angabe der Versnummern ist hingegen nicht sinnvoll … In der Lesung soll der Bibeltext möglichst ohne fremde Erklärungen sprechen … Die Möglichkeit, die Lesung in eine Stille hinein ausklingen zu lassen (und sie eventuell nach einer Zeit mit Musik aufzunehmen), sollte erprobt werden. Dabei muss gegebenenfalls das Stehen während der Schriftlesung mitbedacht werden; Abweichungen von der gewohnten Praxis könnten bei der Ansage der Schriftstelle angekündigt werden.“

 

Lesungen werden häufig von einem Lektorendienst übernommen, Menschen aus der Gemeinde, häufig Kirchenvorsteher, ab und an auch KonfirmandInnen. In den Bußzeiten (Advent, Passion) werden Schriftlesungen mit einem bekräftigenden „Amen" beschlossen, außerhalb dieser Zeiten üblicherweise mit einem Halleluja-Vers.

 

Wenn Sie über das hier Ausgeführte weitere Fragen haben, wenden Sie sich doch am besten an den Kirchenvorstand der Gemeinde, in der Sie den Gottesdienst mitzufeiern pflegen. Man gibt Ihnen gewiss gern Auskunft, möglicherweise gibt es auch einen Gottesdienstausschuss, den solche Fragestellungen beschäftigen.

 

Ermutigende Gottesdiensterfahrungen wünscht Ihnen

 

Ihre Friederike Erichsen-Wendt