Heilt Gott heute noch?

unbekannt
Hoffnung auf Heilung
@Getty Images/RapidEye

Ich lese gerade Jeremia 17,14. Heilt Gott heute noch? Tut er Wunder wie Jesus damals die Blinden sehend machte und die Gelähmten gehend? Was soll ich glauben? Ich bin krank und setze meine ganze Hoffnung darauf, dass Gott mich heilen kann. Aber kann und darf ich das glauben?

Liebe/r Unbekannte,

Ich weiß nicht, an welcher Krankheit Sie leiden, aber es tut mir Leid für Sie. Wer krank wird, für den wird das Leben unsicher, manchmal sogar bedrohlich. Wer gesund ist, wird nicht ständig daran erinnert, wie wunderbar und gleichzeitig zerbrechlich das Leben ist. Ein kranker Mensch wünscht sich nichts mehr als heil zu werden, also ein Leben zu führen, das einem freundlich erscheint.

Der Vers, den Sie gerade lesen ("Heile du mich, HERR, so werde ich heil; hilf du mir, so ist mir geholfen; denn du bist mein Ruhm. "), gefällt mir ausgesprochen gut, gerade auch im Zusammenhang mit Ihrer Frage. Jeremia drückt hier genau Ihren Wunsch (und den von vielen kranken Menschen) aus: "Mach mich heil, Gott! Hilf mir." Der einfachste oder besser der direkte Weg zu diesem Heil ist dabei natürlich der Wunsch gesund zu werden. Wenn meine Krankheit vergeht, bin ich wieder heil.

Ihre Frage zielt ja auch genau auf diesen Wunsch, dass Gott Sie gesund machen soll. Und Sie wissen, dass in der Bibel nicht nur Gebete stehen, in denen Menschen um Heilung bitten, sondern es wird auch von Heilungen berichtet. Jesus heilte Menschen ganz direkt, indem er ihre Krankheit wegnahm, indem er die Menschen gesund machte. Wie schön wäre es, wenn wir uns darauf verlassen könnten, dass dieser direkte Weg auch heute noch gelingen würde. Wie wunderbar (im wörtlichen Sinn) wäre es, wenn wir unsere Krankheiten loswerden könnten, allein durch "den Finger Gottes", wie Jesus es ausdrückt (Lk 11,20). Es gibt eine Reihe von Christen, die sagen: "Ja, natürlich heilt Gott heute noch. Du musst nur daran glauben." Und hier liegt eine Gefahr, die ich aufzeigen möchte.

Wenn das Kriterium für eine Heilung der Glaube des Kranken ist, dann ist er oder sie auch selbst schuld daran, wenn die Krankheit bleibt. Ich halte diese Einstellung für unbarmherzig, und darum drücke ich es lieber so aus: Ja, Gott heilt auch heute noch, und sicherlich traue ich ihm zu, dass er auch heute noch Menschen gesund macht. Doch kann ich mich nicht darauf verlassen, dass er mich selbst gesund macht. Und ich weiß, dass es andere – weniger direkte – Wege gibt, in denen Gott heil machen kann, selbst, wenn die Krankheit bleibt. Ich kann mein Leben, so lange es dauert, als freundlich und lebenswert empfinden. Und dabei kann Gott für mich eine entscheidende Rolle spielen, denn ich kann ihn – wie das die Worte von Jeremia tun – immer wieder darum bitten, mich heil zu machen. Ich kann Gott immer wieder klagen, wie sehr ich unter meiner Situation leide. Ich kann darum bitten, dass er mich nicht verlässt, denn wir haben Gottes Zusage genau dafür, dass er immer bei uns bleibt.

Als Jesus Menschen heilte, sagte er, dass er das tut als Zeichen dafür, dass das Reich Gottes anbricht. Und eine ganz wichtige Eigenschaft dieses Reiches Gottes ist, dass Gott immer bei uns ist, dass er "unter uns wohnt", wie es in der Offenbarung heißt: "Und ich hörte eine große Stimme von dem Thron her, die sprach: Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden sein Volk sein und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein; und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen." (Offb 21,3-4). Was der Seher Johannes hier für das Ende aller Tage sieht, ist bereits angebrochen dadurch, dass Gott in Jesus Christus Mensch wurde, starb und auferstand. Seitdem gibt es nichts mehr – weder Krankheit noch Tod –, was uns von Gott trennen kann. Daran dürfen wir glauben und uns festhalten, auch in der schlimmsten Krankheit. Und dieser Glaube kann uns heil machen, selbst wenn wir krank bleiben und sogar wenn wir sterben müssen.

Ich kann Ihnen also leider kein Wunder versprechen. Ich kann Ihnen nicht sagen, dass Sie gesund werden. Aber ich kann Ihnen sagen, dass das größte Wunder überhaupt, nämlich dass Sie niemals und nirgends allein sein müssen, bereits geschehen ist. Das bedeutet natürlich nicht, dass man nie wieder Verzweiflung spürt. Aber es bedeutet, dass man wissen kann, wohin man sich in seiner Verzweiflung wenden kann. Ich wünsche Ihnen von Herzen, dass Sie Gott beim Wort nehmen können und dass Sie seine Nähe spüren können. Ich wünsche Ihnen, dass Sie sich heil fühlen können.

Ihr Frank Muchlinsky

Fragen zum Thema

Lieber Herr Tschue, es ist ein zutiefst nachvollziehbarer Wunsch, dass wir gemeinsam mit…
Sehr geehrter Herr Cullmann, es bewegt mich sehr, was Sie erzählen. Es macht mich…
Liebe/r Unbekannte, Ich weiß nicht, an welcher Krankheit Sie leiden, aber es tut mir…