Hallo Herr Pastor, ich war sehr lange krank (hatte eine Angstneurose) und mußte dabei lernen, mein ganzes Leben infrage zu stellen. In dieser Zeit habe ich auch meinen Glauben verloren, weil ich versucht habe, auch diesen zu hinterfragen. Alles in der Bibel erscheint mir so erfunden und erdacht und was soll ich mit solchen schönen Worten anfangen, die im neuen Testament stehen. Kommet zu mir... Ich beneide jeden Menschen, der sein Gebet sagt und dann zufrieden ist. Gibt es überhaupt wieder einen Weg zurück, der nicht einfach sagt, das muß man eben glauben! Oder du mußt eben Vertrauen haben! Meine Frau hat seit vielen Jahren immer wieder lange Phasen mit Depressionen und ich muß völlig hilflos zusehen und kann ihr nicht helfen. Wo bleibt da der "gütige" Gott ? können Sie mir eine Antwort geben? Viele Grüße Peter
Lieber Peter,
Vielen Dank für Ihre Frage, sie hat mich sehr berührt. Ich kann Sie gut verstehen, dass Sie sagen, dass es Ihnen nicht hilft, wenn jemand kommt und sagt: "Du musst das einfach glauben"/"Du musst einfach vertrauen". Nein, so "einfach" geht das wirklich nicht. Es ist übrigens auch völlig in Ordnung, wenn Sie zur Zeit nicht viel mit dem Glauben anfangen können. Ich versichere ihnen, die meisten gläubigen Menschen - übrigens auch viele Pfarrerinnen und Pfarrer - haben Phasen, in denen sie sich fremd in ihrem Glauben fühlen.
Mit Ihren Zweifeln sind Sie nicht alleine. Viele Menschen in den biblischen Texten und Geschichten haben gezweifelt, mit Gott gehadert. Wir feiern gerade die Passionszeit, in 3 Tagen ist Karfreitag. Am Kreuz, in der schwärzesten Stunde wendet sich Jesus an Gott mit einem Ruf aus einem Psalm: "Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?" (Psalm 22) Vielleicht haben Sie Lust, den Text einmal zu lesen?
Was ich Ihnen auch gerne auf Ihr Anliegen anworten möchte: Es gibt nicht die eine richtige Weise, wie man zu glauben hat. Horchen Sie einmal in sich hinein, wo ist Gott für Sie? Das kann eine Sehnsucht sein, die Sie dann spüren, eine Erinnerung, ein Bild, es kann ganz viel sein. Und dann: Machen Sie sich auf den Weg, auf Ihren eigenen Weg.
Vielleicht hilft Ihnen auch die Geschichte vom verlorenen Sohn (Lk 15,11-32). Diese Geschichte sagt: Gott empfängt Menschen, die ihn suchen mit offenen Armen. Wo in der Geschichte finden Sie sich wieder? Welche Perspektiven eröffnen sich Ihnen aus der Geschichte heraus?
Vielleicht konnte ich Ihnen mit diesen Ansätzen helfen.
Ich wünsche Ihnen viel Glück auf der Suche nach Ihrem eigenen Weg zu Gott.
Ihre Irmela Büttner