Oder ist Gott etwas außerhalb von mir? Und ich meine nicht, dass ich nur denke, dass Gott etwas außerhalb von mir ist, sondern ob Gott tatsächlich außerhalb von mir ist. Und wenn Gott etwas außerhalb von mir ist, dann ist es ein Wunder, dass Gott mich mag bei dem ganzen Mist, den ich anstelle. Das ist das größte Wunder. Wie kann das in unserer naturwissenschaftlich aufgeklärten Welt praktisch funktionieren? Wo kommt diese Liebe her? Ist das nicht ein naturwissenschaftlich nicht zu erklärendes Wunder! Was sind dagegen schon die anderen Wundergeschichten oder erst die Auferstehung oder das Gericht oder alles, von dem die Bibel sonst noch berichtet? (Kann ich da ein Wunder weglassen?) Alle sind Wunder - wenn sie nicht nur meinem Kopf entspringen. Fängt der Glaube erst dann wirklich an, wenn ich über diese Schwelle springe? Ich hoffe, dass Sie meine Gedanken nicht blöd finden, aber ich frage mich das schon lange und weiß auch nicht, wie ich das anders ausdrücken kann. Deshalb hoffe ich, dass Sie als Pfarrerin, die ja studiert und einen besonderen Draht nach oben hat ;-), mir das erklären und mir weiter helfen kann. Oder denken Sie manchmal auch, dass das alles nur in unserem Kopf ist? Was hat das dann für Konsequenzen - gerade auch für Gottes Liebe?
Liebe Schreiberin,
das sind sehr berührende Gedanken und Gefühle, die sie hier äußern. Ganz herzlichen Dank dafür. Mir fällt dazu ein Satz ein, den einer meiner Theologieprofessoren immer gesagt hat, Eberhard Jüngel: Gott ist mir näher, als ich mir selbst nahe zu sein vermag.
Mein Lebensgefühl zu Gott ist, wenn man so will, wie das Lebensgefühl eines Babys im Bauch seiner Mutter: Ich bin in Gott, ich bin in ihm drin, werde durch sie ernährt, so wie ein Baby durch die Nabelschnur ernährt wird. Oder wie Paulus mal schrieb: in IHM leben weben und sind wir (Apg. 17,28)
Ein ungeborenes Baby kann sich gar nicht vorstellen, dass man auch mit dem Mund essen kann, oder dass man umher gehen kann (dazu ist doch die Nabelschnur viel zu kurz und wie sollen denn diese Beinchen gehen) und doch wird genau dies im Leben eines Menschen geschehen: Er wird geboren, er hat ganz neue und andere Möglichkeiten. So glaube ich, dass ich nach meinem Tod in so einer anderen Welt mit Gott verbunden bin, die ich mir jetzt noch gar nicht vorstellen kann. Immer und ewig bin ich in Gott - und ich komme aus Gott und gehe zu Gott hin. So ein ungeborenes Baby glaubt nicht an seine Mutter - aber seine Mutter glaubt an dieses Kind! - Die Mutter weiß: Dieses, mein Kind, gibt es, ich liebe es, ich habe es nicht nur im Blick, sondern in mir geborgen.
So ein Baby im Mutterbauch kann seine Mutter ja weder beweisen noch widerlegen - aber zuweilen kann so ein Baby seine Mama singen hören und spüren, wie sie seine Welt streichelt.
Gott, in dem wir leben, ist: REINE LIEBE, REINES SEIN.
Ich bin Christin - das heißt, GOTT hat sich für mich in der Geschichte konkretisiert. Er/Sie wurde mal konkret - und zwar in Jesus Christus. Da war er auch Gegenüber. Gott wurde in Jesus Mensch - und zwar ein Mensch, der Leiden und Tod erfahren hat. Einer, der Tod und Hölle überwand. Gott hat sich in Jesus Christus als liebender gezeigt, wie es in Joh 3.16 auch heißt: Also hat Gott die Welt geliebt, auf dass alle die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.
Ja, Gott liebt Sie - mit dem ganzen Mist! (wobei ich mir nicht vorstellen kann, dass bei Ihne so viel Mist ist, so reine Gedanken, wie Sie haben.) Aber, - ja: Gott liebt Sie, liebe Schreiberin.
An Pfingsten feiern wir, wie Gott mit seinem Heiligen Geist zu uns und in uns kommt. Das ist das, was Sie beschreiben, liebe Schreiberin, dass Gott in uns ist.
Zu den Wundern, die Sie ansprechen: Als Jesus Menschen heilte, sagte er, dass es das tut als Zeichen dafür, dass das Reich Gottes anbricht. Und eine ganz wichtige Eigenschaft dieses Reiches Gottes ist, dass Gott immer bei uns ist, dass er "unter uns wohnt", wie es in der Offenbarung heißt: "Und ich hörte eine große Stimme von dem Thron her, die sprach: Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden sein Volk sein und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein; und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen." (Offb 21,3-4). Was der Seher Johannes hier für das Ende aller Tage sieht, ist bereits angebrochen dadurch, dass Gott in Jesus Christus Mensch wurde, starb und auferstand. Seitdem gibt es nichts mehr – weder Krankheit noch Tod –, was uns von Gott trennen kann. Daran dürfen wir glauben und uns festhalten, in allem.
Herzlich, Ihre Sabine Löw