Guten Tag,
seit einiger Zeit plagt mich die Frage, ob ich vom Christentum zum Islam konvertieren soll. Ich habe beide Bücher mehrmals studiert, kann aber nicht herausfinden welche der beiden Religionen für mich die richtige ist. Nach Gebot soll man keine anderen Götter haben. Nur ist es so, dass man davon ausgehen kann, dass es derselbe Gott seien könnte. Wäre eine Konvertierung dann ein Bruch des Gebotes?
Und wenn ich mich in 10 Jahren umentscheiden würde, könnte ich zurückkonvertieren oder wäre ich dann verstoßen von beiden Religionen, die eigentlich denselben Gott anbeten? Dann gäbe es schließlich keinen Weg mehr ins Paradies, richtig?
Ich bitte um Hilfe bei diesen Fragen. Mit freundlichen Grüßen
Lieber Fynn,
in Ihren Fragen stecken gleich mehrere Themen, die man alle sehr ausführlich beantworten und auch diskutieren kann. Ich will versuchen, es kurz zu machen. Sie sprechen im ersten Absatz vom ersten der zehn Gebote, in dem es heißt: "Ich bin der Herr, dein Gott, du sollst keine anderen Götter haben neben mir." Sie gehen außerdem davon aus, dass der Gott, an den Christen und Muslime glauben, derselbe ist. Dafür gibt es gute Gründe, schließlich berufen sich beide Religionen zum Teil auf dieselben Personen, seien es Abraham oder auch Jesus. Allerdings ist gerade Jesus derjenige, an dem sich die Religionen absolut voneinander unterscheiden, denn nach christlichem Verständnis ist in Jesus Christus Gott selbst Mensch geworden. Diese Vorstellung lehnt der Islam komplett ab. Jesus Christus ist also für Christen sozusagen eine – und zwar eine entscheidende – Komponente Gottes.
Insofern glauben wir eben nicht an denselben Gott. Unser christlicher Gott hat sich direkt in Jesus Christus den Menschen offenbart. Der Gott der Muslime hat sich direkt im Koran offenbart. Darum ist eine Konvertierung zum Islam in jedem Fall eine Abkehr von dem Gott, den das Christentum in seinem Glaubensbekenntnis bezeugt. Nach christlichem Verständnis wendet sich jemand, der zum Islam konvertiert also von Christus ab und also anderen Göttern zu.
Auf Ihre zweite große Frage kann ich Ihnen mit großer Gewissheit antworten: Wer zurückkommt, wird in jedem Fall mit offenen Armen aufgenommen. Es gibt so viele Gleichnisse in der Bibel, in denen Jesus genau das erzählt. Vielleicht kennen Sie die Geschichte vom "Verlorenen Sohn" (Lk 15,11-32). Es mag Menschen geben, die es nicht verzeihen können, wenn jemand ohne Not weggeht und dann wiederkommt. Gott aber macht keine Ausnahme: Wer kommen will oder zurückkommen, der darf.
Das ändert natürlich nichts daran, dass ich persönlich Ihnen nicht rate zu konvertieren. Meiner Meinung nach ist das Christentum die Religion, die Gottes Offenbarung am besten bewahrt und lebt. Aber das ist eben meine Meinung. Was ich am Islam (und leider auch in einigen christlichen Kreisen) vermisse, ist die Fähigkeit einzugestehen, dass man sich irren könnte.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen weiterhelfen und grüße herzlich.
Frank Muchlinsky