Ist der Nikolaus der Weihnachtsmann?

A. K.
Weihnachtsmann und Nikolaus
Foto: Getty Images/iStockphoto/moodboard (M)

Hallo!
Ich kann meinem 3-jährigen Sohn den Unterschied nicht klar machen, da beide rotbemäntelten, bärtigen Männer mit Bommelmützen ja gleich aussehen.
In der Kita war natürlich ein solcher Nikolaus da und daher glaubt er jetzt, dass der Nikolaus auch die Weihnachtsgeschenke bringt. Der Weihnachtsmann ist ja in der Kinderwelt omnipräsent in Schaufenstern und Büchern und optisch einfach besser vertreten wie das Christkind. Ich habe dem Weihnachtsmann schon das Christkind zur Seite gestellt, da ja an Weihnachten auch mehr Arbeit zu tun ist mit Geschenke verteilen. Aber wie bekomme ich den Nikolaus da wieder raus? Oder muss das gar nicht sein? Ist es gar ein und dieselbe Person?

Liebe A.K.,

die Lage mit den diversen Männern zur Advents- und zur Weihnachtszeit ist durchaus unübersichtlich. Da ist es kein Wunder, wenn man den Überblick verliert – erst recht als kleines Kind! Im Grunde genommen handelt es sich beim Weihnachtsmann durchaus um dieselbe Person wie den Heiligen Nikolaus. In der englischen Variante hat sich der Name ja auch erhalten: Santa Claus, der Heilige Nikolaus. Bei uns kommt nun aber die Schwierigkeit hinzu, dass der Nikolaus ja seinen festen Tag am 6.12. hat. Das ist eben der Gedenktag des Heiligen Nikolaus von Myra. Darum kommt der Nikolaus am 6.12. und verteilt schöne Kleinigkeiten an die Kinder. Die Verwirrung entsteht dadurch, dass er zu Weihnachten noch einmal mit den Geschenken kommt. Diesmal nicht als Bischof von Myra, sondern als pummeliger Mann vom Nordpol, der mit einem Rentiergespann unterwegs ist.

Ja, der Weihnachtsmann ist in der Adventszeit wirklich unübersehbar, und ich frage mich, warum Kinder eigentlich nicht anfangen zu fragen, wie es sein kann, dass man ihm ständig begegnet. Aber vermutlich ist für Kinder klar, dass es eine Menge an Weihnachtsmanndarstellern gibt, die irgendwie aber den wahren Weihnachtsmann verkörpern können. Besonders am Weihnachtsmann ist auch, dass er im Grunde genommen alle christlichen Attribute verloren hat. Er braucht keinen Bischofstab mehr, keine Mitra auf dem Kopf. Durch diese Umwandlung verliert er seine Bischofwürde, wenn Sie so wollen. Aber gerade dadurch gewinnt er die Möglichkeit, sich tatsächlich um alle Kinder zu kümmern. Er ist kein Repräsentant des Christentums mehr. Er wünscht auch nicht mehr unbedingt "Gesegnete Weihnachten", sondern er ruft "Ho, ho, ho!" und wünscht "Frohe Feiertage!". Der Weihnachtsmann ist für Kinder jeder Religion anschlussfähig, und auch Atheisten brauchen sich nicht vor ihm zu fürchten.

Es hat immer wieder Versuche gegeben, den Weihnachtsmann, oder seine frühere Erscheinungsform, den Heiligen Nikolaus, zurückzudrängen. Mein Kollege Markus Bechtold hat einen Artikel darüber verfasst, wie schon Luther versuchte, den Nikolaus zurückzudrängen und stattdessen das Christkind einzuführen. Der Artikel ist sehr lesenswert. Sie finden ihn hier. In einigen Landesteilen ist das Christkind auch durchaus der Geschenkebringer zu Weihnachten, aber insgesamt – da haben Sie vollkommen Recht, scheint der Weihnachtsmann sich durchzusetzen.

Wenn Sie mich also fragen, was Sie tun können, um sich und Ihrem Sohn ein wenig Klarheit in der Sache herzustellen, so würde ich Ihnen raten: Lassen die Nikolaus und Weihnachtsmann in der Verbundenheit, die sie mittlerweile eingegangen sind. Versuchen Sie sie nicht zu trennen, denn sie haben ohnehin – wenn ich so sagen darf – dieselbe DNA. Lassen Sie den Nikolaus/Weihnachtsmann ruhig die Arbeit des Geschenkebringens machen. Wichtig ist doch vor allem der Anlas, warum überhaupt Geschenke verteilt werden. Und darauf können Sie Ihren Schwerpunkt zu Hause legen. Am 6.12. gibt's Geschenke, weil der Heilige Nikolaus selbst ein so kinderfreundlicher Mensch war. Am 24.12. gibt's Geschenke, weil Gott uns da seinen Sohn geschenkt hat. Das können Sie mit Liedern, mit einem Gottesdienstbesuch, mit Geschichten und so weiter selbst steuern. Der Weihnachtsmann darf die Rolle spielen, die er gut kann: Fröhliche Feiertage wünschen und Geschenke bringen. Sie können Ihrem kleinen Sohn erzählen, dass in dieser Nacht Jesus geboren wurde, und dass sich darüber die ganze Welt und der ganze Himmel so gefreut haben, dass man am liebsten niemals aufhören will, sich gegenseitig Geschenke zu machen.

Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Adventszeit und dann natürlich auch

"Merry Christmas!"

Frank Muchlinsky

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