Ist das Christentum die einzig wahre Religion?

Marie
Viele Richtungen und bunte wege
©Getty Images/iStockphoto/Thankful Photography

Hallo Frau Klee,

obwohl ich dem christlichen Glauben schon seit meiner Kindheit angehöre, habe ich mich schon sehr oft gefragt, woher man eigentlich weiß/wissen kann, dass man an die Religion glaubt, die auch tatsächlich wahr ist.
Mir ist bewusst, dass man beim Thema Glaube nie absolute Gewissheit haben kann, aber ich denke, es muss doch aus (religions)wissenschaftlicher bzw. theologischer Sicht irgendwelche Anhaltspunkte geben, die einem helfen, aus dem Dschungel der Weltreligionen jene zu finden, die auch der Wahrheit entspricht.
Ich wende mich an Sie, da ich bei meiner Internetrecherche nicht die Antworten bekommen habe, die ich suche, denn es werden zwar zumindest vage die Unterschiede zwischen den einzelnen Religionen oder deren Entstehungszeitpunkte aufgezeigt, aber die eigentliche entscheidende Frage wird nicht beantwortet.
Nun meine ganz konkrete Frage: warum sind Sie überzeugte Christin und nicht Jüdin, Muslima, Anhängerin des Buddhismus oder des Hinduismus?
Gibt es rationale Gründe, warum Sie glauben, dass das Christentum die richtige Religion ist?
Ist es die Einzigartigkeit der Bibel, die Sie glauben lässt, die sich darin zeigt, dass sie eine moralische Lehre beinhaltet, die eigentlich nicht menschengemacht sein kann, da sie dem Normalempfinden des Menschen radikal entgegensteht (zum Beispiel: das Prinzip der Feindesliebe oder die Erweiterung Jesu des fünften Gebotes auf den Grundsatz, dass Hass mit Mord gleichzusetzen ist, etc.)?
Ist es schlicht und ergreifend die Lehre Jesu, die in sich schlüssig/logisch ist?
Oder die Tatsache, dass so viele der im AT prophezeiten Geschehnisse später auch eingetroffen sind (wobei dies ja teilweise auch auf andere Religionen zutrifft, wenn ich mich richtig an das zuvor Gelesene erinnere)?

Auch beinhaltet der Koran beispielsweise Erzählungen und einige Propheten, die auch im AT der Bibel vorkommen.
Worin genau liegt denn beispielsweise der Unterschied zwischen der Lehre der Bibel und des Korans bzw. dem islamischen Glauben im Allgemeinen (bis auf die Tatsache, dass Muslime nicht an Jesus als Gottes Sohn und Retter glauben)?
Wirken die Inhalte des Korans nicht so in sich schlüssig wie jene der Bibel?
Ist dies ein entscheidender Punkt?

Es ist für mich sehr wichtig, eine Antwort auf diese Frage zu finden, da ich mir sehr wünsche, dieses ganze Hinterfragen endlich hinter mir lassen zu können, und mich dem christlichen Glauben ohne schlechtes Gewissen wegen meiner Zweifel weiterhin widmen zu können.
Ich entschuldige mich bereits jetzt für die ausführliche Konkretisierung meiner eigentlich sehr kurzen Frage und freue mich schon jetzt auf eine Antwort von Ihnen.
Vielen Dank im Voraus!

Viele Grüße
Marie

Liebe Marie,

herzlichen Dank für Ihre Frage! Ich muss zugeben, auch ich habe mich lange Zeit als Jugendliche mit dieser Frage beschäftigt. Das liegt daran, dass ich zum Einem aus einer atheistischen Familie stamme und zum Anderen in Berlin in Kontakt mit anderen Religionen aufgewachsen bin. Trotz allem habe ich mich entschieden, mich christlich taufen zu lassen.

Ihre Frage lässt sich letztlich jedoch unterschiedlich beantworten. Da ich liberal geprägt bin, fällt meine Antwort sicherlich anders aus, als die meiner konservativen Kolleg:innen.

Wenn man in die Bibel schaut, so begründet sich hier der Wahrheitsanspruch des Christentums, dort steht unter Joh 14,6: "Jesus sagte zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich."

Das Christentum sagt sehr deutlich, dass Jesus Gottes Sohn ist. Nur der Glaube an Jesus als Gottes Sohn, wie er in der Bibel bezeugt ist, führt zu Gott, denn Gott hat sich in ihm offenbart. Wir können also nicht anders von Gott wissen, als durch Jesus. In ihm ist Gott Mensch geworden. Durch den Glauben an Jesus werden wir errettet, durch ihn sind wir gerechtfertigt und erhalten das ewige Leben.

Nun mag dies unbefriedigend sein und Sie haben in der Tat Recht: Jede Religion hat auf Ihre Weise einen Wahrheits- oder Absolutheitsanspruch, das ist quasi ein Kennzeichen von Religionen. Deswegen möchte ich ein wenig weiter ausholen:

Nach der Religion der Bahai, die im 19. Jahrhundert im Iran entstand, schöpfen alle Religionen aus derselben göttlichen Quelle. Sie akzeptieren daher alle Zeugnisse als religiöse Quellen. Die Unterschiede seien historisch gewachsen. Sie sind Antwort auf die Umstände ihrer jeweiligen Zeit und Ausdruck verschiedener kultureller Prägungen.

Aus christlich liberaler Sicht würde ich diesem Gedanken zustimmen. Religionen (und Konfessionen) sind in den jeweiligen Ländern historisch gewachsen. Sie sind prägend für die jeweiligen Kulturen. Warum bin ich also Christin? Weil es die in diesem Land vorherrschende Religion ist, die diese Gesellschaft über viele Jahrhunderte geprägt hat. Ich bin in diese Religion hineingewachsen, sie ist mir vertraut. Deswegen sind aber andere Religionen nicht weniger "wahr", auch nicht weniger "wert". Letztlich - so denke ich - glauben wir ohnehin alle an denselben Gott und teilen religiöse Erfahrungen. Den Austausch mit Vertreter:innen anderer Religionen empfinde ich daher immer als sehr bereichernd. Sie tragen wiederum dazu bei, dass ich auch in meiner Religiösität wachse.

Ich wünsche Ihnen alles Gute für Ihre Zweifel und Fragen,

bleiben Sie behütet,

Johanna Klee

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