Unterschiede und Gemeinsamkeiten im Abendmahlsverständnis

Manuel

Lieber Herr Muchlinsky,

könnten Sie einmal die Unterschiede bzw. Gemeinsamkeiten zwischen den evangelischen Verständnissen und dem katholischen Verständnis zum Abendmahl/ zur Eucharistie erläutern.

Vielen Dank dafür!

Beste Grüße

Lieber Manuel,

 

ich habe vor einiger Zeit eine ähnliche Frage wie Ihre beantwortet. Darum erlaube ich mir, mich an dieser Stelle selbst zu zitieren:

Frank Muchlinsky wrote: Die Hauptunterschiede im Abendmahlsverständnis bei KatholikInnen, LutheranerInnen und Reformierten liegen vor allem in der Frage danach, in welcher Weise Jesus anwesend ist, wenn heute Abendmahl gefeiert wird. Jesus sagte ja bei der Einsetzung des Abendmahls zu seinen Jüngern: Das ist mein Leib, das ist mein Blut (siehe 1 Korinther 11,24-25).
  • Die katholische Lehre sagt nun, dass sich in der Feier des Abendmahls (der "Eucharistie") Brot und Wein tatsächlich in Leib und Blut Jesu Christi verwandeln. Er ist also geradezu leiblich anwesend.
  • Die lutherische Lehre besagt ebenfalls, dass Jesus Christus im Abendmahl real präsent ist. Allerdings werden Brot und Wein durch die Einsetzung (durch den Pfarrer/die Pfarrerin) zu einem einheitlichen Sakrament (also zu einem besonderen Zeichen, das den Glauben stärkt). Eine Verwandlung in Leib und Blut geschieht nicht.
  • Die reformierte Lehre besagt, dass Brot und Wein lediglich Zeichen für Jesu Christi Leib und Blut sind. In der Feier des Abendmahls ist der Geist Gottes dabei, weil man gemeinsam Brot und Wein teilt im Gedächtnis an Jesus Christus.
  • Die unierten Kirchen sind verschiedene vereinigte protestantische Kirchen, die sich in der Regel eher dem lutherischen oder dem reformierten Abendmahlsverständnis anschließen.

Es gibt eine Reihe weiterer Unterschiede, die unter anderem die Rolle des Priesters (katholisch) bzw. des Pfarrers/der Pfarrerin (lutherisch und reformiert) betreffen. Der Wikipediaartikel ist hier recht gut für Leute, die es wesentlich genauer wissen wollen.

 

Da Sie aber auch nach den Gemeinsamkeiten fragen, will ich an dieser Stelle noch etwas hinzufügen zu dem bereits geschriebenen Text:

1973 wurde von den verschiedenen reformatorischen Kirchen die sogenannte Leuenberger Konkordie formuliert, in denen es den Teilnehmenden darum ging, eben die Gemeinsamkeiten, die „Eintracht“ der protestantischen Kirchen zu betonen. Hier zwei Ausschnitte aus dieser Schrift, in denen es um das Abendmahl geht:

Quote: Die Gegensätze, die von der Reformationszeit an eine Kirchengemeinschaft zwischen den lutherischen und reformierten Kirchen unmöglich gemacht und zu gegenseitigen Verwerfungsurteilen geführt haben, betrafen die Abendmahlslehre, die Christologie und die Lehre von der Prädestination. Wir nehmen die Entscheidung der Väter ernst, könne aber heute folgendes gemeinsam dazu sagen:

1. Abendmahl

Im Abendmahl schenkt sich der auferstandene Jesus Christus in seinem für alle dahingegebenen Leib und Blut durch sein verheißendes Wort mit Brot und Wein. So gibt er sich selbst vorbehaltlos allen, die Brot und Wein empfangen; der Glaube empfängt das Mahl zum Heil, der Unglaube zum Gericht.

Die Gemeinschaft mit Jesus Christus in seinem Leib und Blut können wir nicht vom Akt des Essens und Trinkens trennen. Ein Interesse an der Art der Gegenwart Christi im Abendmahl, das von dieser Handlung absieht, läuft Gefahr, den Sinn des Abendmahls zu verdunkeln.

Wo solche Übereinstimmung zwischen Kirchen besteht, betreffen die Verwerfungen der reformatorischen Bekenntnisse nicht den Stand der Lehre dieser Kirchen.

Die ganze Leuenberger Konkordie finden Sie übrigens im Wortlaut hier.

 

Über diese Informationen hinaus kann ich Ihnen auch noch empfehlen, sich die Orientierungshilfe der EKD anzuschauen. Sie heißt „Das Abendmahl. Eine Orientierungshilfe zu Verständnis und Praxis des Abendmahls in der evangelischen Kirche“. Diese Schrift erläutert in gut verständlichen Worten die Probleme mit den verschiedenen Verständnissen vom Abendmahl und wie man damit umgehen kann. Die Orientierungshilfe ist als PDF online verfügbar. Ich empfehle für Sie die Lektüre ab Seite 24.

 

In der Hoffnung, Ihnen ein wenig weitergeholfen zu haben, grüße ich herzlich!

Frank Muchlinsky

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