Warum verhängt man Spiegel im Todesfall?

HH
Spiegel wird bei Tod in Familie verhängt.
© BezirksRundschau/Bichler
Es ist Aberglaube, warum wir Spiegel bei Todesfällen verhängen.

Wenn ein Mensch stirbt und man Spiegel und andere glänzende Gegenstände mit Tüchern verhängt, was hat das für eine Bedeutung?

Lieber HH,

die Sitte, beim Tod eines Menschen im eigenen Haus die Spiegel zu verhängen, kann man mit gutem Gewissen als Volksbrauch oder Aberglauben bezeichnen. Die Idee dahinter ist: Wenn sich der Tote in einem Spiegel spiegelt, gibt es bald einen weiteren Todesfall. Spiegeln wurden schon immer magische Qualitäten zugesprochen. Das ist auch kein Wunder, denn das physikalische Phänomen, dass sich sozusagen hinter dem Spiegel etwas abzeichnet, was "nicht wirklich" dort ist, war lange Zeit nicht erklärlich. Es ist also auch verständlich, dass man sich vorstellte, man könne durch einen Spiegel in eine andere Welt schauen - vielleicht sogar in die Totenwelt.

Wie bei vielen Volksbräuchen ist der Grund, warum man das einmal tat, mittlerweile unwichtig geworden. Man "tut es einfach" ohne zu fragen. In Sterbefällen haben wir aufgeklärten Menschen einen sehr direkten Kontakt mit etwas Unerklärlichem. Wenn jemand stirbt, fühlen wir uns extrem verwundbar und hilflos. Darum haben so viele Bräuche überlebt, weil sie auf merkwürdige Weise Halt geben: Man tut etwas, von dem man gehört hat (oder erlebt), dass man das eben tut. Fenster auf, damit die Seele hinausfliegen kann, Uhren anhalten, damit der Tote seine Ruhe hat, Münzen auf die Augen für den Fährmann ... Aberglaube, wenn man so will. Aber eben auch etwas, was man angesichts des Todes tun kann. Rituale, die helfen können, die eigene Unsicherheit zu überwinden.

Herzliche Grüße

Frank Muchlinsky

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