Pflicht-Gottesdienste für Konfis?

Helmut Cramer
Konfirmanden im Gottesdienst in der evangelischen Friedenskirche in Offenbach
© epd-bild/Tim Wegner

Ich finde es abartig, wenn sich Konfirmanden nach dem Gottesdienst den Besuch schriftlich bestätigen lassen müssen. Ein Gottesdienstbesuch sollte freiwillig sein, beziehungsweise so gestaltet werden, dass man gern daran teilnimmt. Ich nehme an etwa 100 Gottesdiensten teil, die meisten sind nichts für junge Leute, auch nicht die Lieder aus dem 16. bis 18. Jahrhundert. Ich kenne viele Konfirmanden, die so frustriert von den Gottesdiensten sind, dass sie meistens nach der Konfirmation nicht mehr in die Kirche gehen. Wie stehen Sie dazu?

Lieber Herr Cramer,

Sie bringen mich in eine schwierige Lage. Ihre Frage beginnt mit: „Ich finde es abartig“ und endet mit: „Wie stehen Sie dazu?“ Da ich in niemandes Augen als abartig gelten möchte, fällt es mir schwer, mich dafür auszusprechen, dass Konfis zum Gottesdienst gehen sollten und sich das auch bescheinigen lassen. Trotzdem spricht Einiges dafür.

In der Tat ist die Liturgie unserer Sonntagsgottesdienste sehr traditionell, und auch die Lieder, die gesungen werden, sind zum großen Teil mehrere hundert Jahre alt. Beides sind Zeugnisse des Glaubens und der Frömmigkeit unserer Vorfahren. Es sind sozusagen die Wurzeln, auf denen auch unser Glaube bis heute wächst. Weil es alt ist, wirkt es auf viele jungen Menschen fremd, vor allem, wenn sie in ihrer Jugend zum ersten Mal Kontakt damit bekommen. Gerade das ist aber der Grund, warum viele Gemeinden es den Konfis vorschreiben, sich dem öfters „auszusetzen“. 

Man kann durchaus darüber streiten, ob in unseren Gottesdiensten nicht – zumindest auch – neue Lieder gesungen werden sollten. Würden Sie dann einer Pflicht zum Gottesdienstbesuch zustimmen? Viele Gemeinden bieten den Jugendlichen auch Alternativen zum sonntäglichen Gottesdienst an. Für Jugendgottesdienste, oder der Besuch von Traugottesdiensten oder Taufen gibt es ebenfalls die begehrte Unterschrift. Gerade wegen dieser Vielfalt der Möglichkeiten ist die Idee mit der anschließenden Unterschrift zur Bestätigung hilfreich. In jedem Fall ist Gottesdienst etwas zum Lernen, und lernen kann man nur, wenn man teilnimmt.

Ich stimme Ihnen zu, dass viele Konfis sich in den Gottesdiensten langweilen. Daran können diejenigen, die diese Gottesdienste halten, hier und dort etwas ändern. Ganz abstellen werden sie es niemals können. Und selbst wenn Sie Jugendliche für eine junge Form von Gottesdienst begeistern, wird sich auch deren Geschmack im Laufe der Jahre ändern. Gottesdienst kann man verstehen lernen, und hier sehe ich den Weg, den wir gehen sollten: Meiner Ansicht nach, sollten die Jugendlichen so bald wie möglich selbst Gottesdienste gestalten, und nicht nur einmal, sondern möglichst häufig. 

Herzliche Grüße,

Frank Muchlinsky

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