Hallo, mich beschäftigt schon länger die Bibelstelle in 1. Kor 10, 19-20. Darin steht ja, dass die Heiden, wenn sie Götzen opfern, Dämonen opfern würden. Ich finde diese Stelle irgendwie gruselig, da ich immer gedacht habe, die Götter anderer Religionen gibt es halt nicht. Aber dass sie gleich Dämonen sein sollen, die sich als Götter ausgegeben haben (wie mir diese Frage einmal beantwortet wurde), gibt mir ein unsicheres Gefühl.
Ich weiß, dass wir zu Gott und zu nichts anderem beten sollen, weil Gegenstände tot und Gott lebendig ist und wir mit ihm wirklich eine Beziehung eingehen können. Ich habe auch verstanden, dass es in der Stelle darum geht, eindeutig zu zeigen, zu welchem Gott wir gehören. Keine halben Sachen mit Gott machen, sozusagen.
Aber ich will mir irgendwie nicht vorstellen, dass alle, die irgendwas anderes als unseren dreieinigen Gott anbeten, zu Dämonen beten, ohne es mitzukriegen. Können Sie mir bitte helfen, diese Stelle zu verstehen? Viele Grüße, Allie
Liebe Allie,
zu Zeiten von Jesu ist es normal, an die Existenz von Dämonen zu glauben. Dämonen sind böse Geistwesen, die Besitz von Menschen ergreifen können und die Menschen von Gott entfernen. Auch im Neuen Testament begegnen uns Dämonen, zum Beispiel in den Wunderheilungen Jesu.
Auch für Paulus sind diese Dämonen real. In 1. Kor 10, 19-20 geht es Paulus darum, Christen vor der Teilnahme an fremden kultischen Mahlzeiten zu warnen. Es gab wohl einige Christen, die an diesen Mahlfeiern teilnahmen. Vermutlich verstanden sie diese als soziale Events, bei denen einfach alle dabei waren. Wahrscheinlich besuchten sie diese Feiern schon, bevor sie Christen geworden waren. Paulus jedoch warnt davor. Und zwar nicht, weil dort andere Götter angebetet werden. Für Paulus gibt es die Götter anderer Religionen nicht. Es gibt nur einen Gott. Deswegen folgert Paulus, dass in diesen Mahlfeiern die Gemeinschaft mit Dämonen gefeiert wird.
Sie haben also bereits ein gutes Verständnis davon, was Paulus im 1. Korintherbrief meint. Die Frage ist nun, ob wir uns heute Sorgen darum machen müssen, dass Menschen, die einen anderen Gott anbeten als den christlichen Gott, Dämonen anbeten. Ich kann verstehen, dass diese Vorstellung für Sie gruselig ist und Sie sich Sorgen machen.
Zuerst stellt sich die allgemeine Frage: Gibt es überhaupt Dämonen? Diese Frage hat Frank Muchlinsky einmal versucht zu beantworten und ist zu dem Ergebnis gekommen: Dämonen existieren für diejenigen, die an sie glauben. Sie werden dann für diese Person so real, dass sie auch die Wirkung des Bösen an sich spürt. Und dem würde ich mich anschließen. (Nachlesen können Sie die Antwort von Frank Muchlinsky hier).
Für Paulus waren die fremden Religionen etwas Furchteinflößendes. Deswegen glaubte er daran, dass dort Dämonen am Werk sind. Und er war überzeugt, wer daran teilnimmt, der entfernt sich vom christlichen Gott. Für diese Furcht nutzte er den Begriff des "Dämons".
Die Frage ist: Sind andere Religionen denn etwas Furchteinflößendes? Paulus war sich sicher: Ja! Denn dort wird kein Gott, sondern ein Dämon angebetet! Und hier würde ich persönlich Paulus widersprechen. Ich glaube fest daran, dass für mich das Christentum der Weg ist, wie ich meinen Weg mit Gott gehen kann. Gott begegnet mit als trinitarischer Gott und ich spüre die Nähe zu Gott. Ich glaube, dass der christliche Gott der einzige Gott für mich ist.
Aber ich glaube auch, dass Menschen anderer Religionen es genauso empfinden. Und diesen Glauben kann ich niemandem absprechen. Für mich hilft es, darauf zu vertrauen, dass Gott den richtigen Weg für jeden Menschen bereithält. Ich kann von außen nicht beurteilen, was echte Gotteserfahrung. Und ich weiß nicht, ob sie für andere, auch in anderen Religionen stattfindet. Alle Religionen feiern die Nähe Gottes. Und das finde ich schön. Und es ist kein Grund, sich zu fürchten.
Ich finde es gerade spannend, mit Gläubigen anderer Religionen zusammenzukommen und mich über die verschiedenen Gotteserfahrungen auszutauschen und gemeinsam zu überlegen, was der Glaube für uns bedeutet. Bei aller Verschiedenheit!
Daneben vertraue ich darauf, dass Gott alle Geschöpfe liebt. Egal ob sie glauben oder nicht. Oder Teil einer anderen Religion sind. Sie sind alle Geschöpfe Gottes. Und ich vertraue darauf, dass Gott alle Menschen beschützt.
Sorgen würde ich mir dann um eine Person machen, wenn ich merke, dass ihr Glaube ihr nicht guttut. Wenn ich mitbekomme, dass sie Angst hat, wenn sie betet oder zu etwas gezwungen wird. Und das ganz unabhängig davon, ob sie zum christlichen Gott betet oder Teil einer anderen Religion ist. Dann ist es gut, ein offenes Ohr für diese Person zu haben.
Liebe Allie, ich hoffe, ich konnte Ihnen mit dieser Antwort helfen.
Herzliche Grüße,
Britta Kirchner