Hallo, meine Frage lautet: Wenn man als gläubiger Christ zu einer anderen Religion konvertiert (zu einer nicht anerkannten muslimischen Gemeinschaft - man muss nur ein Formular ausfüllen), nur um seine Liebe des Lebens heiraten zu dürfen und dann, wenn der Prozess durch ist, einen Antrag auf Austritt aus der Gemeinschaft stellt, würde Gott das bestrafen? Oder würde er die Notlage erkennen und es verzeihen, wenn man es bereut? Die Intention ist ja nicht, den Glauben zu wechseln.
Liebe Jasmin,
vielen Dank für Ihre Frage! Ich verstehe Sie so, dass es um eine Person geht, die wegen ihrer bevorstehenden Hochzeit zum Islam konvertieren soll, sich persönlich aber als gläubige Christin versteht und nach der Hochzeit auch wieder zum Christentum zurückkehren möchte. Nun fragen Sie, wie Gott diesen Vorgang beurteilen würde.
Vorher scheint mir aber noch eine weitere Frage eine Rolle zu spielen, nämlich wie es der betreffenden Person eigentlich persönlich mit dieser Entscheidung geht. Der Eintritt in eine Religionsgemeinschaft ist ja so etwas wie ein Bekenntnis. Und Bekenntnisse sind eigentlich aus meiner Sicht nur dann angebracht, wenn sie aus freien Stücken und mit gutem Gewissen geschehen. Die Liebe zu einem Partner kann zwar ein starkes Motiv für alle möglichen Entscheidungen sein – zugleich erscheint es mir allerdings fraglich, ob in einer Liebesbeziehung ein Partner vom anderen etwas verlangen darf, was dieser mit seinem Gewissen nur schwer vereinbaren kann. Der Eintritt in eine Religionsgemeinschaft, zu der man eigentlich gar nicht dazugehören möchte, scheint mir eine solche Sache zu sein: Etwas, was das Gewissen des betroffenen Partners bzw. der Partnerin sehr belasten kann.
Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland regelt in Artikel 4 die Glaubens- und Gewissensfreiheit. Sie gilt per Gesetz als unverletzlich. Insofern darf niemand dazu genötigt werden, gegen seine persönliche Überzeugung einen Glauben anzunehmen oder einer Religionsgemeinschaft beizutreten. Im Hintergrund der von Ihnen beschriebenen Situation stehen vielleicht Traditionen und Konventionen auf Seiten des muslimischen Partners. Hier scheint es mir angebracht, das Gespräch zu suchen. Denn dass jemand unter „Zwang“ und ohne persönliche Überzeugung eine Religionszugehörigkeit annimmt, kann eigentlich keine Religionsgemeinschaft befürworten – auch keine muslimische! Vielleicht besteht ja auch die Möglichkeit, zu heiraten, ohne demselben Glauben anzugehören? Rechtlich ist das auf jeden Fall möglich.
Sie schreiben ja, dass es die „Liebe des Lebens“ ist. Das klingt für mich nach einer Beziehung voller Vertrauen und gegenseitiger Achtung. Und gerade da ist es bestimmt möglich, dass sich beide Partner so akzeptieren, wie sie sind. Mit ihren unterschiedlichen Überzeugungen und Glaubenshaltungen und den vielen Gemeinsamkeiten, die sich auch bei unterschiedlichen Religionszugehörigkeiten sicher entdecken lassen.
Hier kommt dann auch Ihre Frage nach Gott ins Spiel. Grundsätzlich glaube ich, dass Gott uns Menschen annimmt und uns verzeiht. Wir sind eben Menschen und machen alle viele Fehler – und Gott ermöglicht immer weder einen neuen Anfang. Allerdings ist zugleich ja auch unser persönliches Gewissen ein Ort, an dem wir „Gottes Stimme“ vernehmen können. Und etwas zu tun, was das Gewissen belastet, oder sich von vornherein falsch anfühlt, kann dann eigentlich nicht in Gottes Sinne sein.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen ein Stück weiterhelfen!
Mit herzlichen Grüßen, Ihre Anna Scholz