Liebe Frau Pfr. Scholl,
sind wir in Christo jetzt schon in der Sabbatruhe, d.h. dass wir anstelle uns ein Haus zu bauen bereits schon darinnen wohnen dürfen, also am vollen Werk von Jesus teilhaben?
Danke und freundliche Grüsse
Lieber Herr Spross,
vielen Dank für Ihre Frage. Ich verstehe es so, dass Sie gern wissen würden, ob das Heilswerk Christi schon vollendet und die ewige Sabbatruhe für uns Menschen bereits Wirklichkeit ist.
Nach dem Vorbild seines eigenen Ruhens von seinem Schöpfungswerk am siebten Tag hat Gott seinem Volk die Sabbatruhe geschenkt (Ex 20,8-11). An einem der sieben Tage sollten die Israeliten ihre Arbeit niederlegen und ruhen. Die Arbeit soll komplett eingestellt werden. Diese Sabbatruhe ist auch ein Vorgeschmack auf das Kommen des Messias, der ewige Sabbatruhe für die Menschen verheißt.
Für Christinnen und Christen hat sich das durch das Leben und Sterben Jesu verwirklicht. In Hebr 10, 12 ist die Rede davon, dass Jesus Christus sich nach seinem Heilswerk zur Rechten Gottes niederlässt. Also ruht auch er und legt seine Arbeit nieder. „Es ist vollbracht“ (Joh 19,30) sagt Jesus kurz vor seinem Tod am Kreuz und spricht damit aus, dass nichts mehr weiter zu tun bleibt für ihn. Dieses Zur-Ruhe-Kommen Jesu bedeutet für uns Christen auch ein Zur-Ruhe-Kommen. Wir müssen uns nicht mehr für unsere Gerechtigkeit vor Gott abmühen, sondern sie ist uns in Christus von Gott geschenkt worden.
Für jüdische Menschen ist diese ewige Sabbatruhe noch Gegenstand der Hoffnung. Allerdings ist es auch im Christentum nicht so, dass wir das ganze Heil schon in den Händen halten. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber bei all dem, was ich in den Nachrichten wahrnehme und was auch an Schmerzvollem in meinem eigenen Leben geschieht, würde es mir auch schwer fallen das zu glauben.
Wenn es in der Bibel um Gottes heilvolles Handeln an uns Menschen und der Welt geht, fällt immer wieder der Ausdruck Reich Gottes. Seinem eigenen Wirken stellt Jesus diese Verheißung voran: „Die Zeit ist erfüllt und das Reich Gottes ist herbeigekommen.“ (Mk 1,15) Mit seiner Handeln und Sprechen setzte Jesus selbst das Kommen des Gottesreiches in Gang. Er ist nicht nur Erzähler und Überbringer, sondern das Reich Gottes geht wie von einem Brennglas von seiner Person aus.
Trotz dieser Konzentration auf Jesus Christus ist aber mit ihm und nach ihm das Reich Gottes nicht einfach da, sondern es steht noch etwas aus von der Verwirklichung. Wir hoffen weiter. In dieser Hoffnung und Offenheit auf Gott hin, hat ja auch Jesus selbst gelebt.
Dass das Reich Gottes schon da ist, aber gleichzeitig noch nicht in voller und reiner Blüte, zeigt bsw. das Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen (Mt 13, 24-30). Zwischen all dem guten Samen ist auch Unkraut und beides wird miteinander wachsen bis eines Tages zur Ernte. Das Reich Gottes wächst zwar schon in der Welt, aber es umfasst noch nicht alles vollends.
Dass Jesus uns Christinnen und Christen nicht nur auf sich und sein Handeln und Sprechen verweist, sondern gleichzeitig auch auf den kommenden Gott und die von ihm vollendete Welt, ist etwas, das uns in eine gewisse Nähe mit Jüdinnen und Juden bringt. Für uns Christinnen und Christen hat sich Gott mit seiner liebevollen Gnade gezeigt in Jesus Christus und gleichzeitig hoffen wir mit Jüdinnen und Juden gemeinsam auf Gottes heilvolles Handeln an der Welt.
Auf ihre Frage würde ich also mit einem Ja antworten. Ja, wir haben Anteil am Heilswerk Christi und gleichzeitig hoffen wir darauf, dass sich all das, was daran an Erlösung für die Welt anklingt, auch ganz und gar Wirklichkeit wird.
Herzlich
Katharina Scholl