Sehr geehrte Frau Pfarrerin Jecht,
wir haben seit 15. Mai neue Mieter im Haus wohnen, Nun stellte sich heraus, dass es Zeugen Jehovas sind. Wir waren total erschrocken, sind beide evangelische Christen . Wir wissen nun nicht, wie wir uns verhalten sollen haben fast Angst, sind nicht mehr die Jüngsten, fühlen uns in unserem Haus nicht mehr wohl.Für eine Antwort sind wir sehr DANKBAR.
Mit freundlichen Grüßen
Familie Scheiderer
Liebe Familie Scheiderer,
Sie schreiben, dass es Ihnen Angst macht, dass in Ihrem Haus "Zeugen Jehovas" (Eigenbezeichnung: Jehovas Zeugen) wohnen. Diese Glaubens-/ Sondergemeinschaft versucht Menschen für ihr Verständnis von Gott und der Welt zu überzeugen. Dies geschieht durch Besuche an der Wohnungstür oder das direkte Ansprechen in der Öffentlichkeit. In der Regel sind Mitglieder dazu angehalten, keinen Kontakt zu Nichtmitgliedern aufzubauen. Ausnahme sind die bekannten "Besuche" an der Haustür bzw. Gesprächsversuche in der Öffentlichkeit. Jehovas Zeugen versuchen durch das Verteilen der Zeitschriften "Der Wachturm" und "Erwachet", sowie das Angebot kostenloser Bibelkurse Mitglieder zu gewinnen. Sie besitzen eine eigene Bibelübersetzung, die teilweise vom Originaltext abweicht. Diese "Mission" wird oft "aggressiv" betrieben, so dass sich Menschen bedrängt oder ratlos fühlen.
Ich finde es wichtig zu wissen, dass die Glaubengemeinschaft "Jehovas Zeugen" dies von ihren Mitgliedern verlangt. Die Struktur innerhalb dieser Gemeinschaft ist hierarchisch, rigide und von Kontrolle geprägt. Jehovas Zeugen werden geschult um neue Mitglieder zu gewinnen. Deshalb lassen Sie sich nicht auf religiöse Gespräche ein.
Die Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen empfiehlt folgenden Umgang bei Gesprächen mit Jehovas Zeugen:
• Streitgespräche mit Jehovas Zeugen sind wenig sinnvoll. Meist sind Laien der geschulten Gesprächsführung der Zeugen nicht gewachsen.
• Sagen Sie deutlich, dass Sie keine weiteren Besuche möchten, andernfalls werden die Zeugen immer wieder sogenannte „Rückbesuche“ bei Ihnen versuchen.
• Machen Sie Ihren Besuchern klar, dass Sie sich bei Ihrer Kirchengemeinde (hoffentlich!) gut aufgehoben fühlen und keinen Bedarf sehen, sich einer anderen Gemeinschaft anzuschließen.
• Wenden Sie sich bei weiteren Fragen an das örtliche Pfarramt [...].
Meine Erfahrung ist, auf der einen Seite zu zeigen, dass ich mich in der Evangelischen Kirche gut aufgehoben fühle und keine weiteren Besuche möchte. Auf der anderen Seite, höflich zu bleiben und zu zeigen, dass sie Menschen sind, wie andere auch. Sie brauchen eine Wohnung. Sollten Sie allerdings bedrängt werden, obwohl Sie freundlich abgelehnt haben, dann holen Sie sich Unterstützung. Ihre Kirchengemeinde und Ihr:e Pfarrer:in kann Ihnen weiterhelfen.
Es grüßt Sie herzlich,
Michaela Jecht